Neben grenzüberschreitenden Lieferungen lösen auch grenzüberschreitende Dienstleistungen unterschiedliche Registrierungs- und Steuerpflichten aus.
Im Umsatzsteuergesetz findet sich nur eine rein negative Abgrenzung der sonstigen Leistungen zu Lieferungen. Sonstige Leistungen sind danach alle Leistungen, die keine Lieferungen darstellen.
Ort der Dienstleistung
Bei Dienstleistungen mit Auslandsbezug ist es für den Fiskus wichtig festzustellen, wo tatsächlich der Ort der Dienstleistung ist. Daran geknüpft ist, welcher Staat die Umsatzsteuer aus dieser Leistung lukrieren kann.
Um festzustellen, an welchen Staat nun eine etwaige Umsatzsteuer abzuführen ist, ist es notwendig, den Ort der sonstigen Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes zu definieren. Dabei muss man im Wesentlichen in zwei Schritten vorgehen:
1. Schritt: Ist mein Leistungsempfänger Unternehmer oder nicht?
Bei sonstigen Leistungen ist zu unterscheiden, ob die Empfängerin bzw. der Empfänger der Leistung eine Unternehmerin bzw. ein Unternehmer oder eine Nichtunternehmerin bzw. ein Nichtunternehmer ist.
Für die Frage, wann eine sonstige Leistung von einem Unternehmer an einen Unternehmer erbracht wird, wurde der Unternehmerbegriff ausgedehnt.
Als Unternehmer gilt u. a.,
- wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt und eine Einnahmenerzielung verfolgt. Eine Gewinnerzielungsabsicht muss nicht vorliegen. Dazu zählen z. B. auch (USt-)pauschalierte Land- und Forstwirte.
- ein Unternehmer, der ausschließlich steuerfreie Umsätze bewirkt, z. B. Kleinunternehmer, Arzt.
- eine nicht unternehmerisch tätige juristische Person mit einer UID-Nummer, z. B. Gemeinde, Verein.
Unter diesen ausgedehnten Unternehmerbegriff können z. B. auch fallen: Körperschaften öffentlichen Rechts, Liebhaberei-Betriebe, Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften, gemeinnützige Vereine und Privatstiftungen.
Nicht unter diese Regelung fallen Dienstleistungen, die ausschließlich für den Privatbereich des Unternehmers oder für den Bedarf seines Personals erbracht werden und dies bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs feststeht. In diesem Fall kommen die Regelungen für Nichtunternehmer zur Anwendung.
Sonstige Leistungen, die ihrer Art nach mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht für das Unternehmen bestimmt sind, sind zum Beispiel:
- Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen
- von Zahnärzten und Zahntechnikern erbrachte sonstige Leistungen
- persönliche und häusliche Pflegeleistungen
- Betreuung von Kindern und Jugendlichen
2. Schritt: Welche Leistung wurde erbracht?
Im 2. Schritt ist zu klären, welche Leistung erbracht wird. Daraus bestimmt sich der Ort, an dem die sonstige Leistung steuerbar ist.
Generell gilt (Generalklausel):
Leistungsempfänger ist Unternehmer | Leistungsempfänger ist Nichtunternehmer |
Ort, an dem der Empfänger sein Unternehmen betreibt (Empfängerort). | Ort, an dem der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (Unternehmerort). |
Diese Grundregel ist immer anzuwenden, außer es handelt sich um eine sonstige Leistung, für die eine Sonderregel vorhanden ist, wie zum Beispiel:
Vermittlungsleistung
Eine Vermittlung liegt vor, wenn eine Unternehmerin bzw. ein Unternehmer einen Leistungsaustausch zwischen einer Leistungsempfängerin bzw. einem Leistungsempfänger und einer bzw. einem Leistenden herbeiführt. Die Vermittlerin bzw. der Vermittler tätigt ihre bzw. seine Leistung in fremdem Namen und auf fremde Rechnung.
Leistungsempfänger ist Unternehmer | Leistungsempfänger ist Nichtunternehmer |
Empfängerort | Ort, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird. |
Grundstücksleistung
Grundstücksleistungen sind z. B. auch die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und von Wohn- und Schlafräumen, die Leistungen eines Grundstücksmaklers, Leistungen zur Vorbereitung oder zur Koordinierung von Bauleistungen mit Bezug auf ein konkretes Grundstück.
Leistungsempfänger ist Unternehmer | Leistungsempfänger ist Nichtunternehmer |
Grundstücksort | Grundstücksort |
Nur Dienstleistungen, die in einem hinreichend direkten Zusammenhang mit dem Grundstück stehen, werden als Grundstücksleistungen betrachtet: So fällt beispielsweise die Erstellung von Bauplänen für ein konkretes Grundstück unter die Kategorie Grundstücksleistung, eine Planerstellung ohne Bezug auf ein konkretes Grundstück jedoch nicht. Ebenso sind Reparaturarbeiten an einem Gebäude eine Grundstücksleistung, die Reparatur oder Wartung von Maschinen, die kein fester Bestandteil des Grundstücks sind oder sein werden, jedoch nicht.
Personenbeförderung
Leistungsempfänger ist Unternehmer | Leistungsempfänger ist Nichtunternehmer |
Ort, an dem die Beförderung stattfindet. | Ort, an dem die Beförderung stattfindet. |
Güterbeförderung innerhalb der EU
Zu einer Güterbeförderungsleistung gehören auch die Beförderungsnebenleistungen. Das sind z. B. das Be- und Entladen, die Lagerung und alle anderen Leistungen, die eng mit der Beförderungsleistung verbunden sind.
Leistungsempfänger ist Unternehmer | Leistungsempfänger ist Nichtunternehmer |
Empfängerort | Abgangsort |
Leistungen in Zusammenhang mit kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen und unterhaltenden Tätigkeiten
Leistungsempfänger
ist Unternehmer | Leistungsempfänger
ist Nichtunternehmer |
Empfängerortprinzip | Ort, an dem der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil tätig wird. |
Eintrittsberechtigung
Darunter fallen auch alle mit den Eintrittsberechtigungen zusammenhängenden sonstigen Leistungen für kulturelle, künstlerische und ähnliche Veranstaltungen
Leistungsempfänger
ist Unternehmer | Leistungsempfänger
ist Nichtunternehmer |
Ort, an dem die Veranstaltung tatsächlich stattfindet. | Ort, an dem die Veranstaltung tatsächlich stattfindet. |
Kurzfriste Vermietung eines Beförderungsmittels
Kurzfristige Vermietung:
- nicht mehr als 90 Tage bei Wasserfahrzeugen
- nicht mehr als 30 Tage bei allen anderen Beförderungsmitteln
Leistungsempfänger
ist Unternehmer | Leistungsempfänger
ist Nichtunternehmer |
Ort, an dem das Beförderungsmittel dem Leistungsempfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. | Ort, an dem das Beförderungsmittel dem Leistungsempfänger tatsächlich zur Verfügung gestellt wird. |
Langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels
Leistungsempfänger
ist Unternehmer | Leistungsempfänger
ist Nichtunternehmer |
Empfängerort | Empfängerort (Ausnahme Sportboote: Ort, an dem das Boot zur Verfügung gestellt wird, wenn der leistende Unternehmer dort sein Unternehmen betreibt.) |
Weiters gibt es Sonderregelungen für bestimmte Leistungen (Katalogleistungen), wenn der Empfänger der Leistung eine Privatperson im Drittland ist.
Telekommunikations- bzw. Rundfunkdienstleistungen und elektronische Dienstleistungen
Für elektronisch erbrachte sonstige Leistungen oder Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen an Privatpersonen innerhalb der EU gilt: Die Steuerpflicht liegt am Empfängerort. Der Empfängerort ist dort, wo die bzw. der private Leistungsempfängerin bzw. Leistungsempfänger ihren bzw. seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die leistende Unternehmerin bzw. der leistende Unternehmer muss bei jeder Leistung ermitteln, wo die Kundin bzw. der Kunde ansässig ist.
Der leistende Unternehmer muss daher grundsätzlich die ausländischen Steuerbeträge an die jeweiligen ausländischen Finanzverwaltungen abführen. Für Unternehmen, deren Umsatz für diese Leistungen den Betrag von € 10.000,00 im vorangegangen Kalenderjahr nicht und im laufenden Kalenderjahr noch nicht überstiegen hat, gilt eine Ausnahme vom Empfängerortprinzip. In diesem Fall sind diese Leistungen am Unternehmerort steuerbar. Beim Vorliegen aller Voraussetzungen kann gegebenenfalls auch die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen werden und die Umsätze sind somit von der Umsatzsteuer befreit. Der Unternehmer kann auf diese Regelung verzichten und ist an diesen Verzicht für mindestens zwei Kalenderjahre gebunden.
Die Erleichterung für Kleinstunternehmer umfasst seit 1.7.2021 Umsätze aus innergemeinschaftlichen Versandhandel und elektronisch erbrachte sonstige Leistungen oder Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen an Privatpersonen innerhalb der EU. Voraussetzung ist unter anderem, dass die betroffenen Umsätze in andere Mitgliedstaaten insgesamt den Betrag von € 10.000,00 nicht übersteigen.
Wie oben beschrieben hat der leistende Unternehmer grundsätzlich ausländische Steuerbeträge an die jeweiligen ausländischen Finanzverwaltungen abzuführen. Die Umsätze aus obigen Leistungen können aber unter bestimmten Voraussetzungen zentral auf einem eigenen Webportal, dem sogenannten Mini-One-Stop-Shop (MOSS), über FinanzOnline erklärt werden. Wird rechtzeitig ein entsprechender Antrag gestellt und der MOSS genützt, entfällt die Verpflichtung sich in jedem EU-Mitgliedstaat, in dem diese Leistungen erbracht werden, für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren zu lassen und dort Steuererklärungen einzureichen und Zahlungen zu tätigen.
Seit 1.7.2021 wird der MOSS auf alle B2C-Dienstleistungen eines Unternehmers, deren Leistungsort in einem Mitgliedstaat liegt, in dem er keine Niederlassung hat, ausgeweitet. Hier sind unterschiedliche Regelungen für EU-Unternehmer (EU-OSS) und Drittlandunternehmer (Nicht-EU-OSS) vorgesehen.
Sie erbringen eine grenzüberschreitende Dienstleistung
Erbringen Sie Dienstleistungen, deren Leistungsort im Ausland ist, so ist diese Leistung im Ausland der Umsatzsteuer zu unterwerfen.
Die Ausgangsrechnung wäre grundsätzlich also auch mit ausländischer Umsatzsteuer auszustellen und diese Steuer ist an das ausländische Finanzamt abzuführen. Ist die Leistungsempfängerin bzw. der Leistungsempfänger eine Unternehmerin bzw. ein Unternehmer, geht diese Steuer in vielen Fällen aber auf den ausländischen Leistungsempfänger über (Reverse Charge) und man erspart sich als Leistungsbringerin bzw. Leistungserbringer damit die Steuererklärung im Ausland. Ausgangsrechnungen an Unternehmer sind in diesen Fällen daher ohne Umsatzsteuer auszustellen. Weisen Sie z. B. mit dem Text "Übergang der Steuerschuld" auf Ihrer Rechnung darauf hin und führen Sie beide UID-Nummern auf der Rechnung an. Die Rechnung muss spätestens am 15. Tag des auf die Leistung folgenden Monats ausgestellt werden.
Beispiel: Die Leistung wird im Juni 2024 erbracht. Daher muss die Rechnung bis 15. Juli 2024 ausgestellt werden.
Meldungen an die Finanz
Dienstleistungen mit Leistungsort in einem anderem EU-Mitgliedstaat, für welche es zum Übergang der Steuerschuld auf die Leistungsempfängerin bzw. den Leistungsempfänger kommt, sind auch in die Zusammenfassenden Meldungen aufzunehmen, welche der österreichischen Finanz bis zum Ablauf des auf den Meldezeitraum (Monat/Quartal) folgenden Kalendermonates elektronisch zu übermitteln sind. Betroffen sind nur Dienstleistungen, die unter die Generalklausel (Empfängerortprinzip) fallen. Beachten Sie auch, dass Sie für diese Meldungen die gültigen und bestätigten UID-Nummern Ihrer Kundinnen und Kunden benötigen.
Für Empfänger von Dienstleistungen
Alle Unternehmerinnen und Unternehmer, die sonstige Leistungen aus dem Ausland empfangen, deren Leistungsort Österreich ist, und auf die die Steuerschuld übergeht, brauchen eine UID-Nummer. Dies gilt auch für Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer, unecht befreite Unternehmerinnen und Unternehmer und Landwirtinnen und Landwirte.
Eingangsrechnung
Erhalten Sie eine Rechnung einer ausländischen Dienstleisterin bzw. eines ausländischen Dienstleisters mit Leistungsort Österreich, so wird Sie Ihre Lieferantin bzw. Ihr Lieferant in vielen Fällen auf den Übergang der Steuerschuld hinweisen. Sollte fälschlicherweise eine ausländische Umsatzsteuer ausgewiesen sein, so ist diese auch im Zuge einer Vorsteuerrückerstattung im Ausland meist nicht lukrierbar. Lassen Sie diese Rechnungen vom Lieferanten berichtigen und bezahlen Sie nur den Nettobetrag.
Meldungen an die Finanz
Eingangsrechnungen, bei denen die Steuerschuld auf Sie übergeht, sind in Summe der Finanz in der Umsatzsteuervoranmeldung bzw. Umsatzsteuererklärung zu melden. Sofern Sie zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, wird in der gleichen UVA der gleiche Betrag als Vorsteuer aus Reverse Charge wieder abgezogen (ein Nullsummenspiel).